Die meisten kennen den Spessart als sanftes Mittelgebirge mit dichten Wäldern und ruhigen Wegen. Doch wer die Rückersbacher Schlucht betritt, merkt schnell: Hier ändert sich das typische Bild der Region zwischen Aschaffenburg und Alzenau etwas: steile Wände, Fels, ein plätschernder Bach. Dazu kommt in der Rückersbacher Schlucht auch noch eine geologische Rarität vor: der Phonolith – ein Gestein, das so selten ist, dass es in ganz Bayern nur hier vorkommt.
Inhalt
- 1 Zwischen Hörstein und Rückersbach: Der Einstieg ins Besondere
- 2 Ein klingender Schatz im Spessart: Phonolith in der Rückersbacher Schlucht
- 3 Zwischen Geschichte und Natur: Das Hexenhäuschen
- 4 Schlachtfeld & Friedensstein: Historisches Gelände
- 5 Ausblicke & Zwischenstopps
- 6 Rückersbacher Schlucht: Wanderung im Überblick
- 7 Fazit
- 8 Rückersbacher Schlucht wandern: praktische Tipps & Hinweise
Zwischen Hörstein und Rückersbach: Der Einstieg ins Besondere
Die klassische Rundwanderung zur Rückersbacher Schlucht startet in Hörstein oder Kleinostheim und führt über rund 14 bis 15 Kilometer durch eine der abwechslungsreichsten Ecken des Spessarts. Anfangs geht es durch Weinberge mit weitem Blick über das Maintal. Dann taucht man ein in schattige Waldpassagen – bis sich plötzlich die Schlucht öffnet. Ab hier bestimmen Fels und Wasser den Weg.
Wer Ruhe sucht, wird sie finden. Wer etwas staunen will, kann das auch.

Ein klingender Schatz im Spessart: Phonolith in der Rückersbacher Schlucht
Wer in der Rückersbacher Schlucht bei Kleinostheim im Spessart unterwegs ist, wandert nicht nur durch ein idyllisches Seitental, sondern auch über geologisch besonders wertvollen Boden. Denn hier – im sogenannten „Blauen Steinbruch“ – liegt das einzige Phonolith-Vorkommen in ganz Bayern. Zwar ist der ehemalige Steinbruch heute weitgehend zugewachsen, doch das Vorkommen wurde als geschütztes Geotop ausgewiesen und ist ein echtes Highlight für Natur- und Geologiebegeisterte.
Ein Relikt aus der Tiefe – 55 Millionen Jahre alt

Phonolith ist ein seltenes vulkanisches Gestein, das hier durch einen Vulkanausbruch vor rund 55 Millionen Jahren entstand. Es handelt sich um eine sogenannte Schlotfüllung – also Lava, die im Inneren des Vulkanschlotes erstarrt ist. Über die Jahrmillionen wurde der umgebende Buntsandstein durch Erosion abgetragen, sodass heute der unterste Teil dieses alten Ausbruchstrichters sichtbar ist. Ursprünglich lagen mehrere hundert Meter Gestein darüber!
Was ist eigentlich Phonolith?
Phonolith – aus dem Griechischen übersetzt etwa „Klingstein“ – ist ein hartes, blaugraues Gestein, das beim Anschlagen in dünnen Platten tatsächlich einen hellen, glockenartigen Klang erzeugt. Dieser akustische Effekt ist auch namensgebend und macht das Gestein besonders faszinierend. Mineralogisch besteht es hauptsächlich aus Alkalifeldspäten wie Sanidin sowie aus sogenannten Foiden wie Nephelin oder Leucit. Es ist reich an Natrium und Kalium, und der SiO₂-Gehalt liegt bei rund 55 %.
Vom Schotter zum Geotop
Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurde der Phonolith hier tatsächlich wirtschaftlich genutzt und zu Schotter verarbeitet. Heute dient das Gebiet anderen Zwecken: Als geologisches Kleinod zieht es Wanderer, Naturfreunde und Exkursionsgruppen an, die hier ein Stück Erdgeschichte hautnah erleben können.
Einzigartig in Bayern
Das Vorkommen in der Rückersbacher Schlucht ist das einzige seiner Art in Bayern und ein bedeutendes Zeugnis tertiären Vulkanismus im Spessart. Kein Wunder also, dass der Phonolith im Jahr 2014 zum „Gestein des Jahres“ in Bayern gekürt wurde.
Die Rückersbacher Schlucht ist mehr als nur ein schönes Wanderziel – sie bewahrt ein geologisches Juwel: Phonolith, ein seltenes und klingendes Gestein aus der Tiefe der Erdgeschichte. Und erinnert daran, dass auch der Spessart einst unter dem Einfluss vulkanischer Kräfte stand.
Zwischen Geschichte und Natur: Das Hexenhäuschen
Ein kleines Highlight mitten im Wald ist das sogenannte Hexenhäuschen – eine frühere Schutzhütte der Steinbrucharbeiter. Auch wenn es derzeit wegen Sturmschäden gesperrt ist, bleibt es als Ort symbolisch: für die Bergbauvergangenheit und die menschliche Spur inmitten der Natur. Kinder, Wandergruppen und Fotografen machen hier oft Halt – zumindest zum Schauen.

Schlachtfeld & Friedensstein: Historisches Gelände
Die Schlucht liegt in einem Gebiet, das nicht nur geologisch, sondern auch historisch Gewicht hat. In unmittelbarer Nähe fand 1743 die Schlacht bei Dettingen statt – ein blutiges Kapitel des Österreichischen Erbfolgekriegs mit über 7.000 Toten. Ein Gedenkstein im Lindigwald erinnert daran. Wer durch die Rückersbacher Schlucht wandert, bewegt sich also auch auf Boden mit Vergangenheit – ein stiller Kontrast zum friedlichen Wald heute.
Ausblicke & Zwischenstopps
Drei Aussichtspunkte geben der Tour offene Momente:
- Plateau Sternberg: Blick über Spessart und Rebenhänge – perfekt für eine erste Rast.
- Schöne Aussicht: Panorama über die Schlucht und ihre bewaldeten Hänge.
- Weinbergausblicke bei Hörstein: Sanfte Hügel, Terrassen, weiter Horizont – vor allem im Herbst ein Genuss.
Rückersbacher Schlucht: Wanderung im Überblick
Kategorie | Info |
Länge | ca. 13,6–15,6 km (Rundtour) |
Dauer | 4–4,5 Stunden je nach Tempo |
Startpunkte | Hörstein (Räuschberghalle) oder Kleinostheim |
Markierung | Lokale Wanderwege (nicht einheitlich ausgeschildert – Karte/GPX empfohlen) |
Schwierigkeit | mittel (sanfte Anstiege, Waldpfade, Bachquerungen) |
Kinderwagentauglich | nein |
Ausrüstung | feste Schuhe, ggf. Stöcke, bei Nässe erhöhte Rutschgefahr |
Verpflegung | Einkehr möglich, beispielsweise Schluchthof Kleinostheim |
Highlights | Phonolith-Gestein, Schluchtpassagen, Hexenhäuschen, Aussichtspunkte |
Fazit
Die Rückersbacher Schlucht ist anders als das, was man vom Spessart erwartet – enger, dunkler, steiniger. Genau das macht sie so reizvoll. Wer hier unterwegs ist, erlebt nicht nur seltene Geologie, sondern auch ein Stück Industrie- und Kriegsgeschichte, einen Bach, der wirklich „bachert“, und einen Spessart, der sich von seiner wilden Seite zeigt.
2014 wurde der Phonolith, der bayernweit nur an der Rückersbacher Schlucht vorkommt, von der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften (DGG) und dem Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler (BDG) zum Stein des Jahres gewählt. Geologen schätzen das Alter des Gesteins auf 50 Millionen Jahre. Entstanden ist es dadurch, dass Magma aus 50 bis 70 Kilometern Tiefe aufsteigen konnte. Auch die Felsen der Schlucht vermitteln eine Ahnung davon, dass man nicht immer laufen konnte, wo man jetzt wandert: drückte sich ehemals Wasser entlang der Felsen.
Rückersbacher Schlucht wandern: praktische Tipps & Hinweise
Anfänger können die Rückersbacher Schlucht gut erwandern
Die Felsen der Schlucht türmen sich weniger hoch und mächtig auf, als der Name Schlucht vielleicht suggeriert. Die Wege sind sehr gut begehbar und erfordern keine besondere Trittsicherheit. Damit ist diese Rundwanderung auch für Anfänger geeignet.
Durch die Rückersbacher Schlucht wandern: Kurzüberblick
Länge: 13,7 km (kann gut vor Rückersbach abgekürzt werden oder nach Rückersbach verlängert) | Auf-/Abstieg: 310 Hm auf und ab | Dauer: 3 bis 4 Std. | Anfahrt: mit ÖPNV bestens möglich | Technik: + + + + + + | Kondition: + + + + + + | Landschaft: + + + + + + | Erlebnis: + + + + + +
Hin & weg etc.
Anfahrt/Rückfahrt (für die von mir gewanderte Rundtour): Mit Bahn und/oder Bus nach/von Haltestelle Rückersbacher Schlucht +++ Ansprechpartner: Tourismusverband Spessart-Mainland e.V., Industriering 7, 63868 Großwallstadt, Tel: +49 (0)6022 261020, Fax: +49 (0)6022 262230, Email: info@spessart-mainland.de, www.spessart-mainland.de +++ Stand: Mai 2021
Rundwanderung Rückersbacher Schlucht: GPX Download
Die Tour folgt keinem ausgezeichneten Rundwanderweg. Die GPS-Daten zu meiner Rundtour können unter der Karte heruntergeladen werden.